9. Forum for corporate social responsibility CSR Forum Ludwigsburg 2013 (Programm)
Sektion I A 4 Mobilität – Cargo – aber bitte innovativ

Vor etwa 10.000 Jahren machten sich die ersten Menschen sesshaft. Der Ackerbau löste unser Verhalten vom Jäger und Sammler ab und machte es möglich, uns an einem Ort nieder zu lassen. Erste Ansammlungen von Hütten konzentrierten sich vor allem in der Nähe von Flüssen. So kam es dass vor etwa 5000 Jahren durch Überschwemmungen von den Flüssen Euphrat und Tigris im mittleren Osten, sowie in der Nilregion, sehr fruchtbarer Boden entstand, der den Menschen vor Ort eine Überproduktion des Ackerbaus ermöglichte, woraufhin die ersten Ansätze von Arbeitsteilung entstanden. Die Arbeitsteilung aufgrund von Überproduktion markiert den Ursprung von Stadt wie wir sie heute begreifen. Es mussten nun nicht mehr alle Stadtbewohner auf dem Feld arbeiten, sondern man konnte die Aufgaben und Kompetenzen verteilen. Neben Kriegern, die die Stadt verteidigten kam auch der Handel als eine Art Gewerbe empor. Die Entstehung des Handels wurde durch die Entwicklung der Schrift in Mesopotamien und den ersten Münzen beschleunigt und vereinfacht.

Der Überfluss an Nahrung führte unweigerlich zu einem Überfluss an Bevölkerung und trug zur Festigung der Macht der Stadt bei und förderte die kulturelle Ausbildung der Städte und ihrer Bewohner. Aktivitäten in Militär, Kultur, Wissenschaft und Handel kamen der Allgemeinheit wieder zu gute. Dem Wandel einer Stadt liegt in der Geschichte oft eine technologische Neuerung zu Grunde, die großen Einfluss auf die Stadt hatte. So löste die Entdeckung und der Abbau von Eisenerz das begrenzt vorhandene Bronze als Rohstoff ab, das bisher vor allem im Waffenbau eingesetzt wurde. Das Schmieden von Stahl vor 3000 Jahren, führte zur Veränderung der griechischen Polis. Angelegte Straßen im Raster mit daran angeordneten Häusern mit 3 Funktionsbereichen, privat (Wohnhäuser), heilig (Tempel) und öffentlich (Handel, Verkehr und Politik) sind erste Zeichen einer geplanten Stadt. Um die Kommunikation innerhalb der Stadt über den Marktplatz aufrecht zu erhalten, ging Platos ideale Gesellschaft von maximal 50.000 Bürgern aus. In China wäre es heute ein kleines Dorf. Rom hingegen war infrastrukturell angelegt als Weltreich und nicht mehr als Stadt, Highwaystraßen und Aquädukte, Abfallbeseitigung, Wasserzu- und abfuhr waren neue Elemente der Stadtplanung. Lieferverkehr durfte damals übrigens tagsüber nicht stattfinden, sondern nur nachts, aus Rücksicht auf die Anwohner. Teile von Aquädukten wurden bereits betoniert, was den Römern historisch als technische Innovation gutgeschrieben wird. Ebenfalls geht die Idee der Fußbodenheizung auf das Konto der Römer. Durch die Erkenntnis dass man über eine gesicherte Nachversorgung Kriege gewinnen kann, wurden große Infrastrukturprojekte innerhalb des Straßenbaus vorangetrieben, die bis heute noch teilweise existent sind. Straßen sind permanent, bis heute. Auch heute sieht man beispielsweise noch anhand der Breite der Straßenbahnschienen in Frankfurt, deren Breite der Breite der römischen Streitwägen angelehnt ist, die damals tiefe Rillen in den Belag rissen und über die Jahre zur Fahrspur wurden.
Barock, im 16. Jahrhundert, hat sich das Weltbild sowie die Stadtplanung erneut geändert. Zentrum eines Platzes ist die Säule, flankiert von Achsen die in 30 grad Winkel zu einander standen, daneben kleinere Straßen die alle in Richtung des Palastes des absoluten Herrschers zeigten, so noch heute zu sehen in Wien oder Paris. 1850 ließ der Stadtplaner Haussmann mächtige Achsen durch Paris schlagen, um das Stadtbild auch politisch zu ändern. „Unter Kontrolle“ zu halten war Ziel und Bestandteil dieser Stadtplanung, um zum einen leichter die Übersicht über die Bevölkerung zu behalten, im Vergleich zu engen und dicht bevölkerten Gassen, und um zum anderen auch das Militär aufmarschieren zu lassen. Stadt befindet sich im ständigen Wandel. New York wurde von den Siedlern ursprünglich als Straßenraster und nicht als Hochhaussiedlung angelegt, aber alles neben dem Raster wurde offen gehalten und nicht geplant. Der Central Park war ursprünglich als Wasserreservoir vorgesehen. Die Industrialisierung hat mit der hinzu gewonnen Mobilität, vor allem dem Auto, ihre Spuren und Schneisen in den Städten hinterlassen. Mit den Nebenprodukten wie Lärm- und Abgasemission kämpfen die Städte bis heute. Verkehr ist das Hauptproblem von Städten. Emissionsreduktion und Energiezufuhr sind Hauptparameter für die Stadtplanung von heute. Neue Straßen können nicht die Lösung für das Problem sein. Breitere Straßen bringen nichts, da dann wieder mehr Leute Auto fahren und ärmere Menschen Reis auf dem Zwischenstreifen anbauen werden. Öffentlicher Nahverkehr kann eine Lösung bieten, Maut für Innenstädte gebietet Einhalt für den Verkehr (siehe Shanghai). In Peking dürfen an geraden Tagen nur die Autos mit einer geraden Nummer fahren und zu ungeraden Tagen die Autos mit ungeraden Autonummern, was bedeutet dass sich viele Menschen 2 Autos leisten. Integrierte Mobilität, Verkehrssysteme in Kombination mit öffentlichen und privaten Fortbewegungsmitteln können eine Lösung darstellen.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für die Stadt? Bisher wird diese Frage immer auf der Ebene des Hauses oder des Autos beantwortet und es wird nach technologischer Innovation gesucht. Auf der Ebene der Stadt können dabei viel radikalere Ideen entstehen. Eine Beantwortung der Frage sollte Gesamtheitlich betrachtet und aus ökonomischer und sozialer Haltung heraus beantwortet werden, nicht das nachhaltige Haus und nachhaltige Auto. Doch dies bedarf eher einer Verhaltensänderung. Kuba, als Beispiel eines Landes das auf den vorderen Plätzen des Human-Development-Index HDI steht, ohne dass es gleichzeitig auch oben auf der Liste des wirtschaftlichen Indexes steht, hat keine Slums wie die meisten lateinamerikanischen Länder. Ebenso Im singen die Kinder im Kindergarten Lieder, dass man das Licht ausmachen soll. Aufgrund der Energieknappheit eine sinnvolle Maßnahme. Das Land setzt die Priorität auf Bildung, so dass jede/r lesen kann und medizinische Versorgung. Ebenso bietet es ein Gesamtgesellschaftliches System, mit Geschäftsmodellen, die für jeden funktionieren.
Was haben Stadt, Mobilität und Cargo gemeinsam?
Durch das Internet verändert sich das Transportwesen ungemein. Sind wir früher persönlich zu einem bestimmten Laden oder Ort gefahren, so sind es heute die Waren die zu uns kommen. Durch das Internet und den Onlinehandel haben wir nun 24/7 die Möglichkeit alles zu bestellen, weltweit. Manchmal weil etwas irgendwo anders günstiger zu haben ist, als bei uns vor der Türe oder aber weil es in unserer Nähe nicht mehr vorrätig ist. Wir bestellen privat und geschäftlich in Onlinekaufhäusern, lassen uns eine Auswahl an Produkten zu schicken, wählen aus und schicken bei nicht gefallen alles wieder zurück. In England hat sich letztes Jahr eine Supermarktkette das Ziel gesetzt, dass maximal 24 Stunden zwischen Online-Bestellung und Lieferung liegen dürfen. Die kürzeste Lieferzeit zwischen Online Bestellung und Lieferung betrug gerade einmal 15 Minuten. Cargo und Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bekommen scheint unmöglich zu sein, denn logischerweise müssten wir, die Nutzer und Konsumenten beispielsweise sagen, nein wir kaufen alles vor Ort, regional. Eine aktuelle Tendenz derzeit stellt vielleicht das Urban Gardening dar, wo Stadtbewohner sich unbebaute Leerräume in der Stadt nehmen und diese mit Obst und Gemüse bepflanzen. Ausreichend Nahrung für eine Stadt wird diese Methode nicht abwerfen. Auch hieran ist wieder abzulesen, dass eine einzelne Maßnahme nicht die ultimative Lösung sein kann und wird, sondern dass die Systeme ganzheitlich zu betrachten und zu hinterfragen sind, um tatsächliche Nachhaltigkeit zu erzielen. Es ist schwer vorstellbar was für einen logistischen Aufwand eine Stadt wie Tokio aushalten können und bereitstellen muss, dass jede/r der 15 Millionen Einwohner täglich sein Frühstück bekommen kann. Wenn man nun „nur“ über Zufahrts- und Lieferwege nachdenkt, wird man schnell an dem mangelnden Stadtraum scheitern
und es bleibt nur die Lösung neue Straße oder Untertunnelung. Wenn man die Stadt als gesamtes Konstrukt begreift, mit all seinen ökonomischen, strukturellen und sozialen Komponenten, können ganz neue Ideen und Entwürfe von Stadt entstehen, die der Vorstellung von Nachhaltigkeit näher kommen. Das Smart City Konzept von IBM versucht die Stadt und die damit verbundene Infrastruktur als ganzheitliches System zu begreifen und versucht eine immer wichtiger werdende Komponente, nämlich die der digitalen Vernetzung, mit in das System zu integrieren. Über die gesammelten Informationen in realtime lassen sich zum Beispiel optimale und flexible Mobilitätsstrategien anbieten, die immer auf dem aktuellsten Stand sind und alle Formen der Mobilität, wie (Leih-) Fahrrad, Car
Sharing Bus und Bahn mit einbeziehen. Diese gesammelten Daten fließen direkt in die Steuerung der Infrastruktur zurück und werden mit dem bestehenden System abgeglichen, so dass gegebenenfalls das Angebot angepasst und modifiziert werden kann.

Cargo ist ein Teil von Mobilität, als Bewegung, wobei sich die Frage stellt wie Mobilität nachhaltig sein kann. Alternative Antriebslösungen sind erforderlich um zum einen die negativen Emissionen aus den Städten zu verbannen, und zum anderen die Ressourcen zu schonen. Für Stuttgart als Stadt der Erfinder und Begründer damaliger moderner Mobilität kann es doch nicht länger akzeptabel sein, Straßen und Kreuzungen mit zigfach überhöhten Feinstaubwerten zu haben? Ist dies noch zeitgemäß und vertretbar? Die Elektromobilität ist auch hier nicht der auf die Eiszeit gefolgte Ackerbau, bietet aber erst einmal die attraktive Form der Emissionsverbannung aus der Stadt. Elektrisch unterstütze Fahrräder, so genannte Pedelecs, schaffen eine intelligente und interessante Verbindung von Bewegung und Komfort, selbst in einer topografischen Ausnahmestadt wie Stuttgart. Im Bereich der voll elektrifizierten Zweiräder besteht gerade auch was den Cargo Verkehr innerhalb der Städte und Innenstädte betrifft, großes Entwicklungspotential. Hier gilt es in Zukunft neue, wenn auch kleine zielgerichtete Schritte und Zeichen zu setzen, die durch ihre Anwendung auch das Verhalten anderer bestimmen und verändern werden. Wenn man die kulturelle Entwicklung der Gesellschaft und der Stadt historisch betrachtet, so haben wir erfahren dass die Technologie Impulsgeber für Innovation und Veränderung einer Stadt und einer ganzen Gesellschaft bedeuteten kann.